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Im Gespräch mit Michaela Gerritzen, Projektkoordinatorin des Landesprogramms „KIPS Prävention NRW“

Michaela Gerritzen

Mit dem nordrhein-westfälischen Landesprogramm "Kinder psychisch kranker und suchtkranker Eltern stärken" (KIPS Prävention NRW) werden Kinder und Jugendliche unterstützt, die mit psychisch kranken oder suchtkranken Eltern aufwachsen. Durch die Förderung von Versorgungstrukturen und qualifizierten Angeboten werden die Bedürfnisse der betroffenen Kinder und Jugendlichen ganzheitlich adressiert. Ziel ist es, belasteten Familienstrukturen Unterstützung zu bieten und die betroffenen Kinder und Jugendliche auf ihrem Lebensweg zu begleiten.

Wir möchten erfahren: Wie ist der aktuelle Umsetzungsstand?

Michaela Gerritzen leitet zusammen mit ihrer Kollegin Felia Ricke die Landesfachstelle Familie, Geschlechtervielfalt und Sucht BELLA DONNA der Suchtkooperation NRW. Zudem koordiniert Sie das Landesprogramm "KIPS Prävention NRW".

Hinweis: Sie finden zu jeder Frage eine kurze verschriftlichte Antwort. In der darunter stehenden Tonspur können Sie sich die ausführliche Antwort von Michaela Gerritzen anhören. Unten unter "Downloads" steht ein barrierefreies Transkript des Interviews zur Verfügung.
ein Mikrofon und eine Sprechblase als Icon für ein Interview

Welche Rolle nehmen die Kommunen, die zum Gelingen gesundheitsförderlicher Projekte beitragen können, in dem Landesprogramm ein?

Die Kommunen spielen im Landesprogramm eine zentrale Rolle, da sie Akteurinnen und Akteure miteinander mit dem Ziel vernetzen, gemeinsam für die Zielgruppe zu handeln. Sie unterstützen ein abgestimmtes Handeln in den Kommunen und tragen maßgeblich zur Finanzierung von Regelangeboten und Maßnahmen bei. Durch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteurinnen und Akteuren wie Jugendämtern, Gesundheitsämtern oder Sozialdiensten können Kommunen gezielt zur Prävention beitragen. Gerade für Kinder psychisch kranker und suchtkranker Eltern ist es wichtig, den betroffenen Kindern und Jugendlichen ein sicheres Umfeld zu bieten und Raum für den Austausch mit Gleichgesinnten zu ermöglichen.
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Warum sind Kooperationsvereinbarungen zwischen öffentlichen Einrichtungen und kommunalen Akteurinnen und Akteuren ein Bestandteil von "KIPS Prävention NRW"? Welchen Mehrwert haben sie?

Verbindliche Kooperationsvereinbarungen zwischen öffentlichen und freien Trägern fördern eine abgestimmte Zusammenarbeit sowie eine gemeinsame Sprache und Haltung. Solche Partnerschaften helfen, langfristige, effiziente und nachhaltige Lösungen für die Zielgruppe zu etablieren. Der Mehrwert liegt darin, dass die Partnerschaften zu schnelleren und zielgerichteten Ergebnissen führen.
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Warum haben Sie sich für den Weg verbindlicher Kooperationsvereinbarungen entschieden?

Mit allen Beteiligten den Weg, den man gemeinsam geht, schriftlich fixiert zu haben, untermauert die tatsächliche Kooperation, die die Partnerinnen und Partner gemeinsam eingehen und geht über die Vernetzung hinaus. Oft sind Kooperationen zwar mit längeren Abstimmungsprozessen verbunden. Aber diese können zu einer höheren Motivation führen, da gemeinsam festgelegt wird, wie mit und für die Zielgruppen gearbeitet werden soll. Das wiederum unterstützt die Zielerreichung. Wichtig ist, dass Vereinbarungen nicht nur pro forma getroffen, sondern auch eingehalten werden.
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Erfahrungen zu teilen und sich gegenseitig kollegial zu beraten kann Projektverantwortliche unterstützen. Wie werden die geförderten Projekte von Ihnen begleitet?

Die Projekte werden seit dreieinhalb Jahren hauptsächlich von mir, gemeinsam mit zwei Kolleginnen, betreut. Gerade am Anfang gab es viele Fragen zum Fördermittelmanagement, so dass eine enge Begleitung sehr hilfreich war. Darüber hinaus habe ich die Projekte besucht oder stand mit ihnen per E-Mail, Zoom und Telefon in Kontakt. Außerdem laden wir regelmäßig zu Vernetzungstreffen ein. Bei diesen Treffen sprechen wir über wichtige Themen rund um das Landesprogramm, aber auch über Themen wie nachhaltige Finanzierung. Zudem bieten wir fachliche Inputs zum Beispiel zum Thema Resilienzstärkung an. Besonders hervorzuheben ist unsere Internetplattform „BELLADONNAsocial“ der Landesfachstelle. Dort gibt es neben vielen Fachinformationen auch eine „KIPS Prävention NRW Gruppe“, die den Fachkräften die Möglichkeit bietet, sich auszutauschen und zu informieren.
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Was können Sie Praktikerinnen und Praktikern aus den Kommunen nach 28 bewilligten Maßnahmenanträgen auf dem Weg mitgeben, die den Aufbau von Unterstützungsstrukturen für Kinder psychisch und suchtkranker Eltern stärken wollen?

Es ist wichtig, dass die beteiligten Systeme wie beispielsweise Suchthilfe, Jugendamt oder Gesundheitsamt miteinander kommunizieren und einander kennenlernen. Häufig bestehen Unklarheiten hinsichtlich der jeweiligen Ziele und Aufgaben in Bezug auf Kinder psychisch kranker und suchtkranker Eltern. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass alle Beteiligten eine gemeinsame Sprache und eine gemeinsame Haltung entwickeln. Dies kann beispielsweise durch die Organisation von Fachtagen erreicht werden, bei denen ein gemeinsames Ziel erarbeitet wird. Es ist wichtig, dass die relevanten Entscheidungsträger in einer Kommune, die über die notwendigen Informationen verfügen und die Bedarfe in der Kommune kennen, einbezogen werden, um die Entscheidungsfindung zu erleichtern.
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Alle unsere Interviewpartnerinnen und -partner bitten wir zum Abschluss des Gesprächs, folgenden Satz zu vervollständigen: "Die Landesinitiative Gesundheitsförderung und Prävention bedeutet..."

… für mich eine wichtige gemeinsame Initiative verschiedener gemeinsamer Akteurinnen und Akteure, die sich miteinander vernetzen und sich durch ihre gebündelten Aktivitäten wesentlich für die Förderung von Präventionsmaßnahmen in NRW einsetzen und so letztendlich auch Kindern aus Familien mit Suchtbelastung und psychischen Erkrankungen eine Stimme geben.
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Das Landesprogramm "KIPS Prävention NRW" zielt darauf ab, Kinder und Jugendliche, die mit psychisch kranken oder suchtkranken Eltern aufwachsen, zu unterstützen. Diese Kinder und Jugendlichen tragen ein erhöhtes Risiko für psychische oder substanzbezogene Störungen im Erwachsenenalter. Etwa ein Viertel aller Kinder in Deutschland wächst mit einem psychisch kranken oder suchtkranken Elternteil auf, was ungefähr drei bis vier Millionen Kinder sind.

Das Förderprogramm "KIPS Prävention NRW" ist modular aufgebaut: Für verschiedene Module werden finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Diese dienen der Entwicklung und Umsetzung einer dauerhaften und nachhaltigen Angebotsstruktur in NRW, um langfristig und kontinuierlich die Verbesserung der Gesundheitsförderung und Prävention von Kindern und Jugendlichen aus besonders belasteten Familien zu unterstützen. Je nach Ausgangssituation in den Einrichtungen vor Ort ist zu entscheiden, welches Modul beantragt wird. Es gibt Module, die bei der strukturellen und konzeptionellen Vorbereitung und Umsetzung von Angeboten unterstützen, wie zum Beispiel Kooperationsvereinbarungen, Beratungen zur Angebotskonzeption oder Qualifizierung des Personals. Darüber hinaus können einige Module genutzt werden, um bereits konzipierte und bestehende Angebote weiterzuentwickeln oder fortzuführen.

Antragsberechtigt sind freie und öffentliche Träger (Einrichtungen der ambulanten Sucht- und Jugendhilfe, gemeindepsychiatrische Einrichtungen, Erziehungs- und Familienberatungsstellen, kommunale Einrichtungen wie Gesundheits- und Jugendämter) aus NRW. Das Landesprogramm ist im Mai 2021 gestartet und es ist eine Laufzeit von vier Jahren bis zum 31.07.2025 vorgesehen.

Das Landesprogramm "KIPS Prävention NRW" wird vom GKV-Bündnis für Gesundheit und vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.