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Was ist über Cybermobbing in Deutschland bekannt?
Was versteht man unter Mobbing und Cybermobbing?
Mobbing umfasst eine Verhaltensweise, bei der eine oder mehrere Personen wiederholt und mit Absicht negativ auf ein Opfer einwirken. Dies kann körperliche, verbale oder soziale Schikanen umfassen. Bei Kindern und Jugendlichen tritt Mobbing oft in Umgebungen mit Machtungleichgewicht auf, wie in der Schule oder unter Gleichaltrigen. Das Machtungleichgewicht unter Schülerinnen und Schüler spiegelt sich beispielsweise durch unterschiedliche Körpergrößen und Stärken, aber auch Faktoren wie die soziale Eingebundenheit in die Gemeinschaft wider.
Cybermobbing wird analog zum Mobbing definiert und findet im digitalen Raum statt. Es bezieht sich auf den Einsatz von digitalen Medien, wie Soziale Medien, Messaging-Apps oder Onlineplattformen, um andere zu belästigen, zu bedrohen oder zu erniedrigen. Dies kann sich beispielsweise auf das Verbreiten von Gerüchten, das Teilen von peinlichen Fotos oder Videos sowie das gezielte Ausschließen oder Herabsetzen von Personen über Online-Kanäle beziehen. Das gefährliche am Cybermobbing ist, dass dieses häufig anonym erfolgt.
Wie steht es um die Verbreitung von Mobbing und Cybermobbing an Schulen in Deutschland?1)
Die Stichprobe umfasst knapp 6500 Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5,7 und 9 an 172 Schulen bundesweit, die im Rahmen der HBSC-Studien zu ihren Erfahrungen mit Mobbing und Cybermobbing im Jahr 2022 befragt worden sind. Davon waren 50,3 % Mädchen, 47,5 % Jungen und 1,7 % Heranwachsende, die sich als gender-divers identifizieren. Die Befragten sind unterteilt in die Altersgruppen 11, 13 und 15 Jahre.
Die Untersuchung zeigt, dass Mobbing nach wie vor ein verbreitetes Problem für viele Kinder und Jugendliche in Deutschland ist. Knapp 14 % der Heranwachsenden gaben an, in der Schule gemobbt worden zu sein oder andere gemobbt zu haben. Das bedeutet, dass ungefähr jede siebte Schülerin oder jeder siebte Schüler in Deutschland direkte Erfahrungen mit Mobbing gemacht hat. Cybermobbing tritt mit rund 7 % seltener auf als schulisches Mobbing.
Zu beachten ist, dass die Erfassung von schulischem Mobbing und Cybermobbing durch Selbstberichte der Heranwachsenden möglicherweise zu einer Doppelerfassung geführt haben. Soziale Erwünschtheit und eine begrenzte Anzahl von Items könnten zusätzlich zu einer Untererfassung beitragen haben. Somit könnte es sein, dass die tatsächliche Verbreitung von Mobbing und Cybermobbing viel höher ist als abgebildet.
Jungen sind häufiger Täter von Mobbing in der Schule oder online. Es gibt nur wenige Erkenntnisse zu Mobbing bei Heranwachsenden, die sich als gender-divers identifizieren, obwohl sie möglicherweise einem höheren Risiko ausgesetzt sind, Opfer von Mobbingattacken zu werden.
Altersunterschiede im Mobbingaufkommen waren gering, wobei 13-Jährige häufiger als jüngere und ältere Altersgruppen Mobbing erleben und ausüben.
Mobbing tritt in allen Schulformen auf, wobei Hauptschülerinnen und -schüler höhere Raten von Cybermobbing verzeichnen, während Schülerinnen und Schüler an Gymnasien tendenziell weniger Mobbing erleben als an anderen Schulformen.
Wie steht es um die Entwicklung der Verbreitung von Mobbing und Cybermobbing?
Die Analyse der Mobbingverbreitung von 2009/10 zeigt, dass 2022 weniger Mobbing berichtet wurde als in den Jahren zuvor. Festgehalten werden kann, dass das Mobbingaufkommen seit 2017/18 insgesamt stabil geblieben ist.
Dagegen ist der Untersuchung zu entnehmen, dass Cybermobbing-Erfahrungen 2022 im Vergleich zu 2017/18 zunehmend präsenter sind, insbesondere bei der Altersgruppe der 13-Jährigen und bei Jungen. Dies könnte durch die vermehrte Nutzung von Online-Medien während der Pandemie begünstigt worden sein. In Bezug auf das Geschlecht zeigt die Analyse, dass Jungen tendenziell häufiger an Cybermobbing beteiligt sind. Mädchen sind seltener an Cybermobbing beteiligt, sowohl als Opfer als auch als Täterin. Gender-diverse Jugendliche berichten wiederum häufiger von Cybermobbing. Unklar an dieser Stelle ist, ob insgesamt mehr Schülerinnen und Schüler von Mobbing betroffen sind, oder ob diejenigen, die bereits Erfahrungen mit schulischem Mobbing gemacht haben, nun zusätzlich auch Cybermobbing erleben.
Was können Fachkräfte aus den Ergebnissen mitnehmen?
Um Mobbing effektiv zu bekämpfen, ist eine kontinuierliche und verstärkte Umsetzung von Anti-Mobbing-Maßnahmen von entscheidender Bedeutung. Ebenso sollten Strategien für Fachkräfte gefördert und sichtbar gemacht werden, mit denen sie betroffenen Kindern und Jugendlichen helfen können, um individuelle und situationsspezifische Lösungsstrategien zu entwickeln. Gerade kooperative Strategien erwiesen sich in der Praxis als hilfreich, um Mobbing in Schulen zu bekämpfen. Kooperative Strategien zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf Teamarbeit und gemeinschaftliches Handeln aller Beteiligten abzielen, um ein unterstützendes Umfeld zu schaffen, Mobbing zu vermeiden und das Wohlbefinden aller Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Wichtig sind zudem Kooperationen zu lokalen Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge (wie zum Beispiel Beratungsstellen, Ärztinnen und Ärzten oder Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten), da Mobbing ein Risiko für die körperliche und psychische Gesundheit Heranwachsender darstellt. Mit Blick auf den gestiegenen Anteil von Cybermobbing ist es wichtig, Kinder und Jugendliche beim kompetenten Umgang mit digitalen Medien zu unterstützen sowie angemessene digitale Kommunikation in sozialen Medien zu fördern.
Wie Fachkräfte Cybermobbing erkennen und präventiv handeln können, wird Thema der nächsten Frage des Monats im April sein.
Was untersucht die Health Behavior in School-aged Children (HBSC)-Studie?
Die “Health Behavior in School-aged Children (HBSC)-Studie” wurde 1982 von Forschenden aus Finnland, Norwegen und England in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Europa ins Leben gerufen und bildet die größte Kinder- und Jugendgesundheitsstudie weltweit. Seit über 40 Jahren beteiligen sich 51 Länder in Europa und Nordamerika an der Studie, um das Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen im schulischen Kontext zu untersuchen. Dies umfasst Themen wie körperliche Aktivität, Ernährungsgewohnheiten, psychische Gesundheit, Substanzkonsum, soziale Beziehungen und das Risikoverhalten im Zusammenhang mit Gesundheit. Seit den 1990er Jahren ist auch Deutschland an der Studie beteiligt. Die HBSC-Studie begann zunächst in Nordrhein-Westfalen und wird seit 2009/10 bundesweit durchgeführt. Die nationale Studie basiert auf einem Datensatz von etwa 20.000 Schülerinnen und Schülern im Alter von etwa 11, 13 und 15 Jahren und ist somit nicht nur international, sondern auch in Deutschland eine bedeutende Datenquelle, die die Gesundheit von Schülerinnen und Schülern widerspiegelt.
1) Die dargestellten Ergebnisse beziehen sich auf den Artikel "Mobbing und Cybermobbing an Schulen in Deutschland: Ergebnisse der HBSC-Studie 2022 und Trends von 2009/10 bis 2022", der im Journal of Health Monitoring des Robert Koch-Instituts im März 2024 (Ausgabe 1/2024) erschienen ist.