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Mediennutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen: Was sagen die aktuellen Studienergebnisse?

  • Abgebildet ist ein aufgeklappter Laptop in der Farbe Grün. Rechts oben in der Ecke befindet sich ein blaues Fragezeichen.
    Digitale Medien halten immer mehr Einzug in unseren Alltag und ein Aufwachsen ohne deren Nutzung bzw. den Umgang mit ihnen ist nicht mehr wegzudenken. Ein gesundes Aufwachsen mit Medien wird daher immer wichtiger, so dass das Interesse an Forschungsergebnissen und Studien zum Mediennutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen gerade für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung an Bedeutung gewinnt. Im Folgenden finden Sie einen Überblick über aktuelle Studien zum Mediennutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen. Diese Texte basieren auf dem Beitrag "Welche interessanten Studien zu Medien gab es in letzter Zeit?" der Landesanstalt für Medien NRW auf ihrer Online-Plattform "Frag Zebra".

Welche Studien gibt es zu Kindern und Jugendlichen in den Medien und wer führt sie durch?

JIM-Studie
Die jährliche JIM-Studie (JIM steht dabei für „Jugend, Information, Medien“) wird bereits seit über 25 Jahren veröffentlicht. Seit 1998 erhebt der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs) die Studie, die sich mit der Mediennutzung von Jugendlichen beschäftigt. Die repräsentative Erhebung wird telefonisch und online bei etwa 1.200 jungen Menschen zwischen zwölf und 19 Jahren durchgeführt. Sie werden zu ihrer Medienausstattung, Freizeitaktivitäten, Mediennutzung, ihrem Vertrauen in Nachrichtenangebote und anderen Themen befragt.

Um allgemeine Entwicklungen auch über längere Zeiten in der sich schnell wandelnden Medienlandschaft erkennen und dokumentieren zu können, ist die Studie als Langzeitprojekt angelegt und dient unter anderem im Bereich der Bildung und Kultur als Ansatzpunkt für Konzepte und neue Strategien.

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest: JIM-Studie 2023- Jugend, Information, Medien

KIM-Studie
Die KIM-Studie („Kinder, Internet, Medien“) ähnelt in ihrem Prinzip der JIM-Studie, auch hier werden etwa 1.200 Kinder repräsentativ zu ihrem Medienumgang befragt. Da in diesem Fall jedoch der Fokus auf sechs- bis 13-Jährigen liegt, findet die Befragung persönlich und mündlich statt, zusätzlich werden außerdem schriftliche Fragen an die Haupterziehungsberechtigten gestellt.

Wie die JIM-Studie ist auch die KIM-Studie ein Langzeitprojekt des Medienpädagogischen Forschungsverband Südwest (mpfs) und befragt die Kinder zu Themen wie Medienausstattung, Medienbeschäftigung in der Freizeit oder Vorbildern – die Basisstudie wird allerdings erst seit 1999 veröffentlicht.

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest: KIM-Studie 2022- Kindheit, Information, Medien

Weitere Beispiele:
Im Rahmen der Cyberlife-Studie des „Bündnis gegen Cybermobbing“ in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse werden in mehrjährigen Intervallen Eltern, Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler zur Problematik von Ausgrenzung, Mobbing und Cybermobbing unter Jugendlichen befragt. 

Cyberlife-Studie 2022: Spannungsfeld zwischen Faszination und Gefahr- Cybermobbing bei Schülerinnen und Schülern

Die DAK-Studien der DAK-Gesundheit untersuchen seit 2019 das Thema Mediensucht bzw. problematische Mediennutzung bei Kindern und Jugendlichen und befragen dazu jeweils etwa 1.000 zehn- bis 17-jährige Kinder und Jugendliche und jeweils ein Elternteil aus repräsentativ ausgewählten deutschen Haushalten.

DAK-Gesundheit: DAK-Studie Mediensucht 2023/24

Die Bitkom-Studie des Bundesverbands der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche sammelt Informationen zur Medienausstattung und -nutzung von Kindern sowie ihrer digitalen Privatsphäre und Erfahrungen im Netz.

Bitkom e.V.: Bitkom Kinder- und Jugendstudie 2022

Die aktuelle JIM-Studie ergab, dass Jugendliche im Durchschnitt 224 Minuten pro Tag im Internet verbringen. Der Großteil dieser Zeit wird für soziale Medien und Messenger wie WhatsApp, Instagram oder TikTok genutzt, aber auch Entertainment-Angebote von Online-Streaming-Plattformen wie Netflix oder YouTube sind sehr beliebt.

YouTube (33 %), TikTok (30 %) und Instagram (29 %) werden von den Befragten außerdem und insbesondere mit zunehmendem Alter als Informationsquelle über das aktuelle Weltgeschehen angegeben. Dabei werden sie im Internet regelmäßig mit demokratiegefährdenden und strafbaren Inhalten konfrontiert. So begegneten viele Jugendliche im letzten Monat Fake News (58 %), beleidigenden Kommentaren (51 %), extremen politischen Ansichten (42 %), Verschwörungsideologien (40 %) und Hassbotschaften (39 %). 14 % der Befragten gaben darüber hinaus an, Beleidigungen oder Anfeindungen gegen sich selbst gesehen zu haben. Die Kontakthäufigkeit steigt hier bei allen Phänomenen mit zunehmendem Alter.

Leider ist auch abseits von Desinformation, Extremismus und Hassrede die Nutzung von sozialen Medien oder Online-Gaming für junge Menschen nicht ungefährlich. So wurde jede dritte weibliche und jeder vierte männliche Jugendliche wurde im Internet schon einmal sexuell belästigt – zumeist geschieht dies über Instagram (35 %), TikTok (20 %) und Snapchat (14 %). Fast ein Viertel der Jugendlichen wurde zudem im letzten Monat vor der Befragung ungewollt mit pornografischen Inhalten konfrontiert.

Kinder besitzen oftmals noch keine eigenen Geräte, konsumieren jedoch bereits Medien über die Endgeräte ihrer Eltern, Geschwister oder anderer älterer Personen in ihrem Umfeld. Insgesamt nutzen 70 % der Kinder zwischen 6 und 13 Jahren das Internet – der Anteil steigt dabei eindeutig mit zunehmendem Alter. Ab einem Alter von 10-11 Jahren besitzen 58 % der Kinder ein eigenes Smartphone, zwei Drittel der Eltern, deren Kinder das Internet nutzen, geben jedoch an, keine Filter oder Sicherheitseinstellungen zum Jugendmedienschutz zu verwenden.

Gefragt nach den liebsten Smartphone-Apps (ohne Antwortvorgabe) nannte jedes zweite Kind WhatsApp, 30 % zählen YouTube zu ihren Lieblings-Apps, 28 % TikTok. Interessant hierbei: Sowohl TikTok als auch Instagram sind auch mit elterlicher Zustimmung vor Vollendung des 13. Lebensjahres eigentlich nicht erlaubt.

Nach Einschätzung der Haupterziehungsberechtigten sind Kinder an einem Wochentag durchschnittlich 43 Minuten online, auch hier steigt die Nutzungsdauer stark mit zunehmendem Alter. Nur eins von zehn befragten Kindern gibt an, nie Suchmaschinen zu nutzen, der Rest verwendet sie zumindest selten, regelmäßig oder sogar täglich. Gesucht wird dabei meist nach Informationen für die Schule, jeweils ungefähr die Hälfte der Kinder sucht nach Hilfe bei der Lösung von Problemen oder surft im Rahmen von Online-Shopping.

50 % der Jungen und 38 % der Mädchen spielen gelegentlich Spiele, für die sie eigentlich zu jung sind – dies könnte damit zusammenhängen, dass 44 % der Eltern die USK-Kennzeichnung lediglich für eine pädagogische Empfehlung halten.

5 % der internetnutzenden Kinder waren schon einmal mit digitalen Inhalten konfrontiert, für die sie zu jung waren, 3 % berichten von unangenehmen Inhalten, 4 % waren bereits von Online-Inhalten verängstigt. Ähnliches berichten Erziehungsberechtigte: 10 % der Eltern internetnutzender Kinder geben an, dass ihr Kind schon einmal mit problematischen Inhalten im Internet konfrontiert wurde. 6 % der Kinder geben außerdem an, bereits unangenehme Leute im Internet getroffen zu haben.

Die Haupterziehungsberechtigten haben insgesamt ein ambivalentes Verhältnis zum Medienumgang ihrer Kinder. Zwar stimmen 80 % der Aussage zu, dass das Internet Gefahren für Kinder birgt, zugleich sehen 86 % auch Chancen für Kinder, im Netz Neues zu lernen. Bei knapp der Hälfte (48 %) darf oder dürfte das Kind das Internet auch ohne Aufsicht nutzen. Der Großteil sieht sowohl sich als Eltern, als auch die Schule in der Verantwortung, Kindern den richtigen Umgang mit Medien zu zeigen.

Insgesamt zeigt die KIM-Studie 2022, dass immer mehr Kinder Medien selbstständig und ohne Begleitung von Erwachsenen verwenden. Insbesondere digitale Spiele und das Internet werden zunehmend allein genutzt. Gleichzeitig setzen Eltern wenig technische Hilfsmittel ein, um Kinder vor ungeeigneten Inhalten zu schützen. Diese Entwicklung zeigt eindeutig die Bedeutung der frühen Förderung eines kompetenten Umgangs mit digitalen Medien.

Den gesamten Original-Artikel der Landesanstalt für Medien NRW "Welche interessanten Studien zu Medien gab es in letzter Zeit?" könnten Sie auf der Online-Plattform "Frag Zebra" nachlesen.
ZEBRA: "Welche interessanten Studien zu Medien gab es in letzter Zeit?"

Wo erhalten Sie als Fachkraft Hinweise für die praktische Arbeit?

Im Juli 2023 wurde S2k-Leitlinie 027-075 zu dysreguliertem Bildschirmgebrauch bei Kindern und Jugendlichen veröffentlicht. Sie wurde von einer Kommission erarbeitet, die sich aus verschiedenen Fachverbänden und Institutionen zusammensetzt, wie die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ) sowie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Sie bietet einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zu übermäßiger Mediennutzung und Computerspielsucht bei jungen Menschen. Mittels des aktuellen Forschungsstandes wurden von den Expertinnen und Experten konsensbasierte Empfehlungen für die pädiatrische Versorgung sowie für Eltern und Familien abgeleitet. Mit der Leitlinie werden alle Einrichtungen und Personen angesprochen, die sich mit Fragen zur Kinder- und Jugendgesundheit auseinandersetzen.

Was ist das Ziel der Leitlinie?

  • Die Darstellung wissenschaftlicher Erkenntnisse zum problematischen Bildschirmmediengebrauch bei Kindern und Jugendlichen.
  • Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Bildschirmmedien für Fachkräfte und Eltern bereitstellen.

Welche Empfehlungen für Fachkräfte können aus der Leitlinie abgeleitet werden?

Nachstehend finden Sie eine Übersicht über Punkte, bei denen Fachkräfte Eltern und Familien unterstützen können:

  • Es wird empfohlen, dass Kinder unter drei Jahren im Idealfall keine Medien nutzen sollten. Bei älteren Kindern sollte auf eine streng limitierte Nutzung geachtet werden.
  • Eltern sollten über die Risiken sowie über die richtige Handhabung (wie z. B. Jugendschutzeinstellungen, Zugriffszeiten auf das Gerät oder regelmäßige Softwareaktualisierungen) von Bildschirmmedien Bescheid wissen und mit entsprechenden Informationsangeboten unterstützt werden.
  • Wichtig ist es den Medienkonsum der jungen Menschen regelmäßig und gemeinsam zu reflektieren und bei Bedarf professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
  • Den Eltern und den Fachkräften muss klar sein, dass sie eine Vorbildfunktion in Bezug auf die Mediennutzung haben. Sie sollten dazu motiviert werden, auf die Nutzung von Bildschirmmedien in Gegenwart von jüngeren Familienmitglieder zu verzichten.
  • Die Leitlinie empfiehlt  Bildschirmmedien nicht als Belohnung oder Bestrafung einzusetzen und stattdessen alltagstaugliche Alternativen zu fördern.[1]

Die Leitlinie ist über das Register der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaft e. V. (AWMF) abrufbar.

 AWMF: S2k-Leitlinie 027-075 "Prävention dysregulierten Bildschirmmediengebrauchs in Kindheit und Jugend"

[1] Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ): S2k-Leitlinie 027-075 "Prävention dysregulierten Bildschirmmediengebrauchs in Kindheit und Jugend". 2023, unter https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/027-075 (Abruf 04.06.2024).